Planet der Sirenen by Rainer Fuhrmann

Planet der Sirenen by Rainer Fuhrmann

Autor:Rainer Fuhrmann [Fuhrmann, Rainer]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2012-02-08T16:00:00+00:00


14. Kapitel

18. November 2104, Landefähre Argo 1

»Kommandant Merser an Bordbuch:

Unser Freund und Gefährte Gay Anderson ist seit nunmehr dreiundzwanzig Tagen verschollen. Unsere Suchaktionen im südlichen und nördlichen Teil des Küstenstreifens sind bisher erfolglos geblieben. Wir stießen jeweils zweihundert Kilometer in jede Richtung vor. Im Norden trafen wir verschiedentlich auf Schürfstellen, in denen offensichtlich Gold im Tagebau gewonnen wurde.

Zwischen dem dritten und dem sechzehnten November wurden die Sirenen aus unserer Umgebung abgezogen. Seit gestern sind sie wieder da. Ausschließlich Augenträger, die sich im weiten Umkreis um die Landefähre postiert haben.

Die Nahrungsreserven in Andersons Schutzanzug sind noch für siebenundsechzig Tage ausreichend. Bis dahin werden wir uns noch eine Spur von Hoffnung bewahren. Wir müssen es als unglücklichen Zufall betrachten, daß Anderson in der reißenden Strömung des Flusses weggeschwemmt wurde. Das Hochwasser ist gefallen. Wenn der Pegel seinen Normalwert erreicht hat, werden wir den verlorenen Jeep zu bergen versuchen. Ende.«

»Ist dein Bericht für das Bordbuch nicht etwas unvollständig?« fragte Lindner.

Merser wandte den Kopf. »Wieso? Das war doch nur ein Nachfolgebericht. Die genauen Einzelheiten des Unglücks habe ich vor einer Stunde aufgesprochen. Was soll denn unvollständig sein? Ich habe nichts ausgelassen.«

Lindner saß mit übergeschlagenen Beinen am Meßpult. »Du hast weder vorhin noch jetzt deine Auseinandersetzung mit Gay erwähnt, auch kein Wort über euer gespanntes Verhältnis verloren, nicht die leiseste Andeutung.«

Merser schnitt eine Grimasse. »Das sind interne Vorgänge. Jeder von uns hätte sie anders bewertet. Subjektive Betrachtungen gehören nicht ins Bordbuch. Auch mein Bericht hätte eine subjektive Färbung bekommen. Folglich nicht erwähnenswert in unserem Interesse.«

»In deinem Interesse.«

»Was soll das heißen?«

»Das Verschweigen dieser Tatsache ist, ebenso wie deine Art, das Bordbuch zu führen, bereits eine subjektive Darstellung, behaupte ich.«

Zu Lindners Überraschung gab Merser keine Antwort. Sicher hatte Ulixes gute Gründe dafür, im Bordbuch seine gespannte Beziehung zu Gay nicht anzudeuten. Vielleicht sogar aus der – freilich unbewußten – Befürchtung, man könnte ihm einen großen Anteil Schuld an den Spannungen zumessen. Jetzt galt es, überzeugende Worte zu finden, denn Ulixes gab nur unter der drückenden Last von Beweisen etwas zu. »Irgendwann in den nächsten hundert oder zweihundert Jahren werden Menschen auch in dieses Sonnensystem vorstoßen. Die Systeme unseres Satelliten werden das erste Raumschiff orten, durch Sendungen die Aufmerksamkeit auf sich lenken. Man wird die beiden Landefähren finden, einen Packen bereits fertiger Forschungsergebnisse und das Bordbuch. Niemand würde erkennen, daß das Verhältnis der letzten drei Überlebenden unserer Expedition nicht so war, wie es hätte sein sollen. Niemand wird von der Feindseligkeit zwischen dir und Gay Kenntnis erhalten.«

»Das ist unwichtig«, unterbrach ihn Merser. »Außerdem kann von Feindseligkeit keine Rede sein.«

»Nenne es, wie du willst. Wichtig ist es schon, denn das Gelingen einer Expedition hängt nicht nur von der einwandfreien Funktion technischer Geräte ab. Vielmehr liegen die tieferen Ursachen von Rückschlägen, ja Katastrophen in den persönlichen Spannungen zwischen den einzelnen Mitgliedern. Du hast lediglich erwähnt, daß sich Anderson nicht retten konnte, aber mit keinem Wort die Frage berührt, warum es dem uns beiden physisch überlegenen Mann nicht gelungen war.«

»Vielleicht war er uns nicht überlegen, zu schwach, zu schlapp, was weiß ich.



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